top of page

Der tiefere Sinn einer "Löffelliste"



Im September ging es in der Content Society/Blog Bang darum, eine persönliche Löffelliste, auch Bucket List genannt, zu schreiben und als Blogartikel zu veröffentlichen. Nachdem ich mich schon seit Mitte des Jahres 2021 mit dem Thema beschäftige, wäre es ein Leichtes für mich gewesen, diese Liste einfach zu veröffentlichen. Doch alles in mir hat sich gesträubt. Warum, das musste ich erst für mich hinterfragen.


Vorab, falls dir der Begriff Löffelliste/Bucket List nichts sagt:

Es handelt sich um eine Aufstellung von Dingen, die du bis zum Lebensende erlebt haben möchtest. Es gibt dazu auch einen klitzekleinen Eintrag bei wikipedia.


Welche Gedanken mir dazu durch den Kopf gingen, liest du hier...




Höher, schneller, weiter muss nicht sein...


Anfang des Jahres 2021 habe ich einen sechswöchigen Kurs mit dem Titel "Deine Löffelliste" bei Kerstin Wemheuer gemacht. In diesem Kurs ging es darum, in 6 Wochen ca. 100 Punkte für seine persönliche Löffelliste zu finden. Ein wirklicher toller Kurs, den ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann (unbezahlte Werbung:-)).

Wichtig war dabei nicht, unbedingt die Zahl 100 zu erreichen, sondern eher die Hinführung zum eigentlichen Thema, nämlich der Selbstreflexion. Sich selbst, seinen Weg, seine Wünsche zu hinterfragen. Rückblickend auf das, was war. Nach vorne schauend, auf das, was kommen soll. Was möchte ich gerne (noch) erreichen.

Eine Löffelliste zu erstellen, ist ein Prozess. Je nachdem, wie tief du einsteigen möchtest, kannst du an der Oberfläche bleiben und Urlaubsorte, Reisen, Sportarten, Freizeitaktivitäten, Hobbies, usw. benennen. Meistens ist es so, dass viele mit diesen Punkten beginnen, denn diese sind nicht völlig unerreichbar. Es ist möglich, dass du irgendwann einen Haken dahinter setzen kannst. Punkte, die ein größeres Ausmaß an persönlichem Einsatz oder eine Veränderung erfordern, brauchen oftmals mehr Zeit.


Doch gerade Punkte zu haben, die du auch wirklich erledigen/erleben kannst, ist enorm wichtig. Denn es gibt dir, wenn du länger mit deiner Liste arbeitest, einen ungeheuren Schub und ein Glücksgefühl, wenn du etwas umgesetzt hast. Doch letztendlich, um nochmals auf die wörtliche Bedeutung einzugehen, ist eine Löffelliste ja eine Liste mit Punkten, die du erreicht, erlebt haben möchtest, "bevor du den Löffel abgibst".


Hier kommt genau der Punkt, der mich bei dem "Hype" um Löffellisten so stört. Sicherlich ist es immer besser, sich oberflächlich Gedanken zu machen, als gar keine:-). Die Gedanken bei einer Löffelliste sollten aber viel tiefer gehen und sich nicht nur um Reiseziele und Adrenalin-Freizeitaktivitäten oder hippe Dinge, die man in den Medien gesehen hat, drehen. Es wird suggeriert, vor allem in vielen "Frauenzeitschriften", dass Punkte auf einer Löffelliste immer WOW sein müssen, dabei müssen sie das gar nicht. Manchmal sind die Punkte auch ein leises AHA.



Fremde Wünsche, eigene Wünsche auf der Löffelliste


Wichtig ist einfach, dass man sich beim Erstellen seiner eigenen Liste völlig vom Vergleichen mit anderen oder den Löffellisten anderer löst. Veröffentlichte Löffellisten sind kein Wettbewerb und sollten bei dir auch keine Irritation auslösen, wie klein, groß oder anders deine Punkte sind. Denn deine Punkte sind deine Punkte, ohne Wertung oder Vergleich.



Als Beispiel nenne ich einen Punkt, den ich bei HOME of TRAVEL auf einer Liste für "10 extreme Aktivitäten, die für Adrenalin sorgen" entdeckt habe: Shark Cage Diving in Australien. Das kann sehr wohl ein Wunsch sein, der auf einer Löffelliste Platz finden kann. Genauso gut kann da aber stehen, ehrenamtlich Lesestunden in einem Seniorenheim zu geben. Eine Löffelliste muss sich nicht wie die To-do-Liste eines Adrenalin-Junkies lesen, sie kann es aber, wenn das dein Naturell ist.



Eine Löffelliste kann/darf


  • Wünsche, Träume, Visionen erhalten, die groß gedacht sind.

  • verrückte Dinge enthalten, die dir eigentlich abwegig erscheinen.

  • dich zum Schmunzeln bringen, beim Gedanken diese Dinge wirklich zu tun.

  • dich aus deiner Komfortzone führen.

  • dich Dinge tun lassen, die dich Mut kosten.

  • dich ein Risiko eingehen lassen.

  • mit Freude und Humor geschrieben werden.

  • die Essenz deiner Werte enthalten und dich zu Gutem anspornen.

  • dir helfen, ein selbstwirksames Leben zu leben.

  • kleine Dinge des Alltags enthalten, für die du dir nie Zeit genommen hast.

  • alles sein, was du möchtest.



Deine Löffelliste, privat oder öffentlich?


Eine Löffelliste kann sozusagen dein Tagebuch der Zukunft werden, in der tiefste und privateste Dinge stehen, die nur dich betreffen und auch nur dich etwas angehen. Wie kommt es also, dass so viele ihre Löffelliste öffentlich auf Social Media-Kanälen teilen?


Die Träume und Wünsche anderer können Inspiration sein, eigene versteckte Punkte zu entdecken. Sie schaffen auch einen Ankerpunkt, Sympathie und Gemeinsamkeit. Beim Lesen einer fremden "Löffelliste" geht man in Resonanz mit der anderen Person, obwohl man sie vermutlich nicht oder wenig kennt.


Es ist also eine persönliche Entscheidung, ob jemand seine Liste oder Ausschnitte daraus teilen möchte oder nicht. Es gibt hier kein richtig oder falsch, keinen Zwang, kein Muss. Ich selbst bin nicht gegen die Veröffentlichung von Löffellisten und werde in einem weiteren Artikel (den ich dann an dieser Stelle verlinke) einen kleinen Auszug meiner Liste zeigen. Ich bin nur für einen bewussten und behutsamen Umgang mit persönlichen Informationen.

Gerade wenn man mit Klienten arbeitet, ist die eigene Haltung zum Thema "Schutz" und "Schutzraum" unheimlich wichtig.

Natürlich beziehe ich auch Stellung gegen Oberflächlichkeit und habe den Wunsch nach mehr Tiefgang beim Erstellen einer Löffelliste. Bei diesem Einheits-Bla-Bla in den schon genannten Veröffentlichungen zu Löffellisten, ob online oder Printmedien, schaudert es mich, wenn ich bedenke, was für ein wertvolles Instrument so eine Löffelliste sein kann.



Löffellisten leben durch Veränderung


Zum Abschluss:


Eine Löffelliste ist nicht in Stein gemeißelt. Was du z.B. vor 10 Jahren notiert hast, muss heute nicht mehr gelten. Sei so frei, deine Liste auch zu verändern. Wenn du einen Punkt streichst oder löschst, dann ist das nicht als "Versagen" zu werten, sondern als eine bewusste Entscheidung für etwas anderes, etwas neues.


Deine Löffelliste darf sich verändern, so wie auch du in deiner persönlichen Entwicklung wächst und dich veränderst. Nimm die Löffelliste als einen Freund, als eine Einladung an dich, dein Leben in allen Facetten, Wünschen und Träumen zu leben. Schreib Punkte auf, schrei Punkte hinaus in die Welt oder teile sie nur mit einem Blatt Papier. Alles ist richtig, was sich für dich gut anfühlt.



Der tiefere Sinn meiner Löffelliste


Was mich nachhaltig berührt hat, ist ein Zitat von Béla Bartók. Zu der Zeit als ich mich selbst intensiv mit meiner Löffelliste auseinandergesetzt habe, war er Thema im Fach Musik bei meiner Tochter. Dieses Zitat ist für mich die Quintessenz für die Bedeutung einer Löffelliste.


„Wir sind leer auf die Welt gekommen und sollten sie leer wieder verlassen. Ich bedauere sehr, dass ich die Welt mit einem vollen Koffer verlassen muss.“

Béla Bartók (*1881 - †1945)



Eine Löffelliste erwächst aus dem Bewusstsein der Endlichkeit des eigenen Lebens, die Welt eben nicht mit einem vollen Koffer verlassen zu müssen. Deswegen lohnt es sich beizeiten, immer wieder einmal zu hinterfragen, was man sich vom Leben erwünscht und sich auch Ziele zu setzen. Du solltest in Gesundheit und voller Lebenskraft mitten in deinen Träumen und Wünschen stehen und nicht erst in Krankheit oder im Alter mit Wehmut die letzten noch möglichen Punkte angehen.


Es gehört nicht viel dazu, mit deiner Löffelliste zu beginnen. Nur du, ein Stift und ein Blatt Papier.


Hab Mut, fang einfach an.




Hier noch 2 Links zu englischsprachigen Artikeln, die sich mit dem Thema Bucket List beschäftigen:



160 Ansichten2 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page