Das Atom in Philosophie und Kunst: Vom Sternenstaub zum inneren Kern
- Susanne Heinen

- 6. Juli
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Aug.

Was verbirgt sich im kleinsten Teilchen, das unsere Welt ausmacht? Das Atom ist winzig und für uns unsichtbar, dennoch steckt es bei näherer Betrachtung voller Bedeutung und ist mehr als nur ein physikalisches Bausteinchen. Es ist ein Symbol für Ursprung und Werden und inspirierte sowohl Philosophen als auch Künstler als Zeichen für das Unsichtbare im Sichtbaren.
Vom uralten Gedanken an den Sternenstaub, aus dem alles Leben hervorgeht, bis hin zur Suche nach dem „inneren Kern“, der das Wesen des Seins ergründet, entfaltet das Atom eine faszinierende Verbindung zwischen Wissenschaft, Kunst und Philosophie.
In diesem Artikel möchte ich dieser Spur folgen und zeigen, wie das Atom als Symbol und Metapher unsere Vorstellung von Wirklichkeit bereichern kann. Dabei ist der Begriff des „inneren Kerns“ bewusst doppeldeutig. Als naturwissenschaftliches Konzept steht er für den physikalischen Kern eines Atoms, doch metaphorisch öffnet er den Raum zur Frage nach dem, was jeden Menschen im Innersten ausmacht. Was ist dein innerer Kern? Was trägst du nach außen? Was ist die Essenz deines Seins, die dich einzigartig macht?
Dieser Artikel nähert sich dem Thema und legt die Grundlage für mein Tutorial in der KREASPHÄRE®25 „Das Atom – Leuchtende Kontraste mit Aquarell und Collage“, in dem das Atom als Inspirationsquelle für ein Mixed-Media-Bild dient. Dort verschränken sich wissenschaftliche Formen und künstlerische Sprache zu einem vielschichtigen Ausdruck von Sichtbarem und Unsichtbarem.
Darum geht es in diesem Artikel:

Das Atom in der antiken Philosophie
Die Idee des Atoms als kleinstem, unteilbarem Baustein der Welt geht auf die vorsokratische Philosophie des 5. Jahrhunderts vor Christus zurück. Als ihre Begründer gelten Leukipp (5. Jhdt. v. Chr.) und sein Schüler Demokrit (460/459 v. Chr. – 370 v. Chr.).
Während über Leukipp kaum gesicherte Informationen vorliegen und seine Eigenständigkeit in der Forschung vielfach bezweifelt wird, gilt Demokrit als derjenige, der die Lehre systematisch ausgearbeitet hat. In dieser Zeit prägten noch mythische Erzählungen das Weltbild, und gerade deswegen war ihr Denken damals so radikal. Sie behaupteten, dass alles „Seiende“ aus winzigen, unsichtbaren Teilchen, den Atomen, und dem leeren Raum bestehe.
Diese Atome waren für Demokrit unendlich zahlreich, ewig, unteilbar und qualitativ gleich, unterschieden sich jedoch in Form, Anordnung und Bewegung. Alles, was wir wahrnehmen, Farben, Töne, Geschmack, sei letztlich das Ergebnis der unterschiedlichen Kombinationen und Bewegungen dieser Atome.
Damit stellte Demokrit das sinnlich Erfahrbare infrage und rückte das Denken in den Mittelpunkt: Nicht das, was wir sehen, ist wirklich, sondern das, was wir uns logisch erschließen können.
Diese Haltung fasst Demokrit in einem bekannten Fragment (DK 68 B125) prägnant zusammen:
"Süße gibt es nur dem Anschein nach, ebenso Bitterkeit, Wärme, Farbe und so weiter; in Wahrheit gibt es nur Atome und Leeres."
💡 Was ist ein Fragment?
Von vielen antiken Philosophen sind keine vollständigen Werke erhalten. Ihre Gedanken kennen wir nur aus Fragmenten, also kurzen Ausschnitten, die spätere Autoren zitiert oder zusammengefasst haben. In der Wissenschaft werden diese Bruchstücke nummeriert, z. B. nach der Sammlung „Die Fragmente der Vorsokratiker“ von Hermann Diels und Walther Kranz.
Ein Hinweis wie „DK 68 B125“ bedeutet:
68 = Nummer des Philosophen in der Gesamtliste (Demokrit)
B = wörtlich überliefertes Zitat
125 = laufende Nummer des Fragments in dieser Sammlung
Die antike Atomtheorie war jedoch kein naturwissenschaftliches Modell im modernen Sinn, sondern ein Versuch, Vielheit und Wandel auf ein rationales Prinzip zurückzuführen. Sie ist eine frühe Form des theoretischen Denkens, das das Sichtbare hinterfragt und das Unsichtbare mit dem Verstand zu erfassen sucht.
Trotz ihrer eher unbedeutenden Stellung in der antiken Hauptströmung ist die frühe Atomlehre von Demokrit ein bemerkenswerter Versuch, die Welt aus logischen Prinzipien zu deuten. Eine Denkbewegung, die nicht nur Philosophen, sondern später auch Künstler und Wissenschaftler inspiriert hat. Sie verband ein tiefes Staunen über das Allerkleinste mit einem frühen Versuch, Ordnung und Gesetzmäßigkeit in das Chaos der Erscheinungen zu bringen.
Auch nach Demokrit griffen andere Philosophen die Atomlehre auf, allen voran Epikur (341 v. Chr. – 271/270 v. Chr.), dessen Gedanken der römische Philosoph Lukrez (99/94 v. Chr. – vermutlich um 55/53 v. Chr.) in seinem Werk Über die Natur der Dinge weitertrug.

Von seinen Zeitgenossen wurde Demokrit als „lachender“ Philosoph bezeichnet. Wichtig war ihm, dass die Seele durch die Betrachtung des Wesens der Dinge eine heitere, gelassene Haltung gewinnt und nicht länger von Furcht oder Hoffnung umgetrieben wird.
Diese innere Ausgeglichenheit nannte er Euthymia (wörtlich: Wohlgemutheit) und betrachtete sie als das höchste Gut.
Bildquelle: wikipedia
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Vom Vergessen zur Wiederentdeckung: Atomismus zwischen Antike und Moderne
Mit dem Ende der Antike jedoch verlor der Atomismus im europäischen Denken an Bedeutung und sollte erst viele Jahrhunderte später wiederentdeckt werden. Die mittelalterliche Scholastik richtete sich stärker nach göttlichen Ordnungsmodellen als nach naturphilosophischen Spekulationen. Zwar brachte die Renaissance neue Impulse und eine Rückbesinnung auf antikes Denken, doch blieb die Idee vom Atom als Baustein der Welt zunächst unbedeutend.
Erst im 17. Jahrhundert, im Zuge wissenschaftlicher Neuerungen, rückte die Atomlehre erneut in den Fokus, unter anderem durch das Wirken von Naturwissenschaftlern wie Pierre Gassendi (1592–1655). Auch Galileo Galilei (1564–1642) und Isaac Newton (1643–1727) griffen atomistische Vorstellungen auf und integrierten sie in ihre mechanischen Erklärungsmodelle der Welt.
Im Verlauf des frühen 19. Jahrhunderts legte John Dalton (1766–1844) mit seiner experimentell gestützten Atomtheorie den Grundstein für die moderne Chemie, indem er Atome als unteilbare Bausteine der Materie definierte und ihre Rolle in chemischen Verbindungen systematisch beschrieb.

Das 20. Jahrhundert schließlich erlebte durch Forscher wie Niels Bohr, Werner Heisenberg und Marie Curie eine Revolution der Atomtheorie, die unser naturwissenschaftliches Verständnis grundlegend veränderte. Das heute so vertraute Symbol des Atoms, ein stilisiertes Elektronenmodell mit kreisenden Bahnen, geht auf das Bohrsche Atommodell zurück, das 1913 von Niels Bohr entwickelt wurde.
Gleichzeitig wurde das Atom zu einer kraftvollen Metapher, die Künstler und Philosophen wie Wassily Kandinsky (1866–1944), Paul Klee (1879–1940) oder Gaston Bachelard (1884–1962) inspirierten, um Existenz, Veränderung und Verbundenheit zu thematisieren.
Wie sich diese Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst im 20. Jahrhundert entfaltet hat, erzähle ich noch in einem eigenen Artikel, an dem ich gerade parallel schreibe. Dabei interessiert mich weniger die naturwissenschaftliche Atomtheorie, sondern vielmehr die Frage, wie das Atom in der Kunst und Philosophie als Sinnbild verstanden wurde. Als Ausdruck des Ursprungs, der Bewegung, der Zerbrechlichkeit oder auch der inneren Ordnung der Welt und was das für uns als Einzelperson und unsere Verbindungen im Leben aussagt.
Das Symbol des Atoms im artCounseling und seine Bedeutung als Metapher
Vielleicht ist es genau dieses Staunen über das Allerkleinste, das mich beim Lesen dieser alten Texte von Demokrit so berührt. Dieses Staunen ist für mich ein Grundpfeiler auf dem Weg zu Zufriedenheit oder sogar zu innerem Glück. Auch das Infragestellen des Sichtbaren, der Blick hinter den Vorhang und das Denken im größeren Zusammenhang scheinen mir ein guter Ansatz zu sein, wenn sich auf dem Lebensweg Schwierigkeiten auftun.

Doch warum das Atom als Symbol?
Ganz unabhängig davon, dass das verschlungene Zeichen für mich eine starke Symbolkraft hat, geht es mir um mehr. Im Prinzip um das Herunterbrechen und Fokussieren auf unseren inneren Kern, das Bewusstsein, dass wir auch ein Teil des Universums sind und aus Atomen bestehen.
Es macht das Unsichtbare sichtbar und öffnet Räume für kreative Welten rund um das Leben im Innersten und die Verbindung nach außen. Jeder von uns ist anders und einzigartig. Unsere Lebensmission scheint es ja zu sein, im Laufe unseres Lebens einen Frieden zu schließen mit unseren Stärken und Schwächen und das Beste aus uns selbst zu machen, um zufrieden zu sein.
Im artCounseling kann das Atom als kraftvolles Symbol dienen, um diesen inneren Kern sichtbar und erfahrbar zu machen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Formen, Strukturen und Farben erlaubt es leichter, innere Prozesse auszudrücken, die oft schwer in Worte zu fassen sind. Dabei wird das Bild des Atoms zum Ankerpunkt, um persönliche Themen wie Selbstwahrnehmung, Balance und Veränderung zu erforschen.
Indem wir diese kleinsten Bausteine als Metapher nutzen, können wir Orientierung schaffen und zugleich Offenheit für Entwicklung fördern. Das Atom wird so zum Symbol für das Verborgene, für das, was uns zusammenhält, und gleichzeitig für Bewegung und Wandel. Diese doppelte Bedeutung spiegelt sich im künstlerischen Prozess wider:
Die Struktur gibt Halt, die Kreativität lässt Neues entstehen.
Einblick in mein Tutorial in der KREASPHÄRE®25
Genau diese Verbindung von Struktur und Freiheit greift mein Tutorial „Das Atom – Leuchtende Kontraste mit Aquarell und Collage“ der KREASPHÄRE®25 auf und lädt dich ein, das Thema Atom spielerisch zu entdecken.
Mit leichten Formen, farbigen Flächen und künstlerischen Impulsen nähern wir uns dem kleinsten Baustein des Lebens, sichtbar gemacht in strahlenden Kontrasten aus Aquarellfarben und Collagen-Elementen. Dabei geht es hier mehr um das kreative Tun, um das Gestalten mit unterschiedlichen Techniken, weniger um einen tiefen Einstieg in das naturwissenschaftliche und philosophische Thema.
Hier erhältst du einen kleinen Einblick:
„Das Atom – Leuchtende Kontraste mit Aquarell und Collage“, 2025, ©Susanne Heinen
Vom Gedanken zur Gestaltung: Im Workshop wird das Atom zum künstlerischen Ausgangspunkt
Es lässt sich erahnen, wie weit die kulturellen und künstlerischen Spuren der Atomvorstellung reichen, und doch streift dieser Artikel nur ihre Oberfläche. Die wirkliche Tiefe, das feine Geflecht aus Geschichte, Symbolik und Gestaltung, öffnet sich erst im künstlerischen Tun.
In meinem Workshop „Spurensuche im Innersten: Die künstlerische Sprache des Atoms“ gehen wir dann einen Schritt weiter: Wir nehmen die historischen Anfänge und die symbolische Kraft der Atomvorstellung mit in unsere künstlerische Arbeit.

Zwischen intuitivem Farbauftrag und gezielten gestalterischen Entscheidungen spüren wir der Frage nach, wie sich Ordnung, Bewegung und das Unsichtbare in uns sichtbar machen lassen.
Dabei begegnen wir dem Atom nicht nur als naturwissenschaftlichem Begriff, sondern suchen mehr das Bild aus der Naturphilosophie, als Denkanstoß für Verbindung, Wandel und das Zusammenspiel der Kräfte, die uns und die Welt im Innersten formen. Wir schreiben, malen, zeichnen und nähern uns so langsam an:
Was können wir als Ressource aus diesem Gedankenspiel um den inneren Kern und die Umlaufbahnen, die diesen umkreisen, für unser aktuelles Leben mitnehmen?
Wenn ich dein Interesse geweckt habe, trage dich gerne auf die Warteliste ein. Du erhältst dann alle Informationen, sobald ich den Kurs mit einem festen Termin plane.
Es ist sowohl ein Kurs in Präsenz geplant, also offline :-), als auch ein Onlinekurs. Der Kurs startet im Frühjahr 2026 und du kannst dich hier für weitere Informationen auf der Warteliste eintragen. Du erhältst dann per E-Mail alle Informationen, sobald ein konkreter Termin für einen Kurs feststeht.
Melde dich jetzt unverbindlich per E-Mail in meiner Warteliste für meinen neuen Kreativkurs an:
„Spurensuche im Innersten: Die künstlerische Sprache des Atoms“.
Literaturtipps zum Thema Atom und Philosophie
Gaston Bachelard: „Les intuitions atomistiques: Essai de classification“ aus dem Jahr 1933. Das Buch gilt als zentral für sein wissenschaftsphilosophisches Denken und ist auch in englischer Übersetzung unter dem Titel „Atomistic Intuitions: An Essay on Classification“ erhältlich. Leider gibt es keine deutsche Auflage des Werks.
Georg Mende: „Das Atom und die Philosophie“ aus dem Jahr 1960. Dieses Buch behandelt das Thema aus philosophischer Perspektive und ist als wissenschaftliche Abhandlung erschienen. Es ist nur noch gebraucht oder in Bibliotheken verfügbar.
Lukrez: „Über die Natur der Dinge“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. / bearbeitete Auflage aus dem Jahr 2021. Sowohl für Liebhaber antiker Philosophie als auch für Interessierte an der historischen Entwicklung der Atomlehre empfehlenswert.
Demokrit: Fragmente (Klassiker der Philosophie, Band 12), Auflage aus dem Jahr 2017. Diese kleine Ausgabe eignet sich zur Einführung in Demokrits Philosophie und seine naturwissenschaftlichen Vorstellungen.
Mixed-Media-Jahreskurs KREASPHÄRE®25
Am 1. Mai 2025 startete zum vierten Mal der deutschsprachige Mixed-Media-Jahreskurs KREASPHÄRE®25. Jede Woche wird am Freitag ein neues Tutorial zum Mitarbeiten vorgestellt. Spaß am Ausprobieren steht ganz klar im Vordergrund und vielleicht kannst du auch ganz neue Techniken kennenlernen.

Ich freue mich sehr, 2025/2026 wieder ein Teil der KREASPHÄRE® sein zu dürfen und mit weiteren 31 Künstlerinnen das große Jahresthema „Selbstliebe, Selbstfürsorge und Spaß“ in die Welt zu tragen.
Der Jahreskurs läuft vom 1. Mai 2025 bis 30. April 2026.

Mit welchen Themen ich im Jahr 2025/2026 dabei bin, siehst du im Bild:
Schnuppertutorial „Worte, Farben, Linien – Die Cut-up-Methode entdecken.“ Weitere Infos im Blogartikel.
Haupttutorial „Das Atom – Leuchtende Kontraste mit Aquarell und Collage“
Haupttutorial „Auf den Flügeln des Sonnenvogels – Veränderung kreativ erleben“
Wenn du Interesse hast, findest du alle Informationen auf der Homepage der KREASPHÄRE® und kannst dort den Jahreskurs buchen:
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