Weihrauch, Myrrhe und Mistelzweig: Ein Dreiklang des Winters
- Susanne Heinen

- vor 6 Tagen
- 7 Min. Lesezeit

Wenn die Tage vor Weihnachten immer kürzer werden und die Winterstille langsam Einzug hält, öffnen Düfte und Pflanzen uns Türen in andere Zeiten und Räume, dorthin, wo Bräuche und alte Bedeutungen weiterleben. Sie tragen Geschichten, Erinnerungen und Sehnsucht, manchmal weit über Jahrhunderte hinweg.
Die Verbindung von Duft, Tradition und Symbolik hat mich schon immer fasziniert. Gerade in der dunklen Jahreszeit bieten Weihrauch, Myrrhe und Mistel eine schöne Kombination für Momente der Ruhe und Besinnung.
Weihrauch und Myrrhe erfüllen die Luft mit ihren besonderen Aromen, die Weite und Verbundenheit vermitteln, während der Mistelzweig als Symbol für Hoffnung, Lebenskraft und Schutz wirkt. Gemeinsam verbinden sie Transzendenz, Erdung und Licht in der dunklen Jahreszeit und erzählen von der Geschichte alter Kulturen, mystischer Bräuche und der Magie des Winters.
In diesem Artikel erfährst du mehr über die Geschichten, botanischen Besonderheiten und die kulturelle Bedeutung dieser Pflanzen. Außerdem zeige ich, wie ich mit diesem Dreiklang kreativ arbeite und wie Düfte und Pflanzen den Winter erlebbar machen können.

Das ist das Türchen 8 von meinem Blog-Adventskalender 2025.
In diesem Türchen geht es um Weihrauch, Myrrhe und Mistelzweig, Düfte, Geschichten und Symbole und wie sie uns durch die stille Winterzeit begleiten und zu kleinen Collagen-Impulsen inspirieren können.
Das sind die Inhalte dieses Artikels.
Weihrauch – Transzendenz und Weite, Geschichte, Symbolik und Wirkung im Winter
Der Duft von Weihrauch hat etwas sehr Festliches und Öffnendes. Schon in arabischen und ägyptischen Kulturen diente er zur Reinigung von Räumen und zur Begleitung von Gebeten.

Jede Weihrauchart bringt feine Duftunterschiede, mal zitronig, mal balsamisch, mit einem Hauch von Pinie oder Moschus. Verschiedene Boswellia-Arten (z.B. Boswellia sacra, Boswellia serrata, Boswellia carterii, Boswellia frereana) unterscheiden sich stark in Duft und Harzqualität.
Bei den Heiligen Drei Königen war Weihrauch ein kostbares Geschenk und wurde von ihnen über viele Länder getragen, als ein Zeichen von Ehrfurcht und Spiritualität. Weihrauch öffnet den Blick, schafft Weite und lässt das Alltägliche klein erscheinen. In der römischen Antike wurde Weihrauch auch bei Triumphzügen, Festen und Ritualen verbrannt. Der Weihrauchhandel erstreckte sich von Arabien über Indien bis zum Mittelmeer (8. Jh. v.Chr. bis 1. Jh. n.Chr.).
Geschichtliches und Kunsthistorisches
In Ägypten und Mesopotamien galt Weihrauch als „Geschenk der Götter“ und als Verbindung zwischen Himmel und Erde. In der christlichen Kunst des Mittelalters und der Renaissance wird er oft in Darstellungen von Heiligen, Messen oder den Heiligen Drei Königen gezeigt. Stilisiert auf Altarbildern oder Fresken zieht der Rauch spiralförmig empor, ein Symbol für Gebet und Transzendenz. Der aufsteigende Rauch symbolisiert die Verbindung von Erde und Himmel, ein Motiv, das in vielen Religionen wiederkehrt.
Herstellung und botanische Details
Weihrauch wird aus dem Harz bestimmter Boswellia-Bäume gewonnen, vorwiegend Boswellia sacra und Boswellia serrata.

Für die Ernte wird die Rinde leicht eingeritzt, wodurch Harz austritt.
Dieses trocknet an der Luft, bildet feste Tränen und wird gesammelt, sortiert und für Räucherzwecke, Salben oder Parfüms verwendet. Die Qualität hängt von Farbe, Größe und Reinheit dieser Tränen ab.
Myrrhe – Tiefe und Bewahrung, Bedeutung, Düfte und Traditionen
Myrrhe bleibt erdnah. Ihr Duft ist dunkel, warm und ledrig, mit erdigen und leicht süßlich-würzigen Facetten, die je nach Baum und Ernte variieren.

Seit der Antike wurde sie hoch geschätzt: in Ägypten bei Einbalsamierungen, in Mesopotamien und Babylonien in Salben, als Medizin und in religiösen Ritualen, z.B. biblisch als Salbe für die Königin von Saba.
Auch im Handel war sie ein kostbares Gut, das über weite Entfernungen transportiert wurde. Eine Unze Myrrhe konnte mehrere Tageslöhne kosten. (Römische Uncia, eine antike Maßeinheit von etwa 27–28 g.)
Myrrhe stabilisiert, schenkt Erdung und Tiefe und lässt die Langsamkeit des Jahresendes sowie die stillen Fragen in uns spürbar werden. Damit bilden Weihrauch, Myrrhe und Mistelzweig eine winterliche Dreierkombination von Duft und Symbolik.
Geschichtliches und Kunsthistorisches
In der altägyptischen Kunst findet sich Myrrhe in Grabbeigaben, Salbenbehältern und Einbalsamierungsmitteln. In der christlichen Ikonografie symbolisiert sie Leid, Tod und Schutz vor Verderben, etwa bei Darstellungen der Kreuzigung oder der Heiligen Drei Könige. Hippokrates erwähnte Myrrhe auch als Heilmittel gegen Infektionen und Wunden, was ihre Bedeutung für Kultur und Medizin unterstreicht.
Herstellung und botanische Details
Myrrhe wird aus dem Harz von Commiphora-Bäumen gewonnen, meist Commiphora myrrha und Commiphora gileadensis.

Ähnlich wie bei Weihrauch: Die Rinde wird eingeritzt und das milchig-weiße bis bernsteinfarbene Harz trocknet zu festen Tränen, die gesammelt werden.
Mistelzweig – Licht und Hoffnung, Symbolik, Brauchtum und Schutz
Der Mistelzweig bringt eine helle, grüne Note hinein. Er bleibt lebendig im kahlen Geäst und gilt als Symbol für Schutz, Glück und Übergänge.

Druiden ernteten ihn mit einer goldenen Sichel bei Vollmond, und die alten Kelten sahen in ihm eine Pflanze, die Grenzen der Himmel-Erde-Verbindung überschreitet.
Neben den mythischen Überlieferungen spielte die Mistel auch im Alltag eine Rolle. In vielen Regionen Europas wurden Zweige im Winter über Türen, an Ställen oder an Fensterbalken befestigt, als Schutzpflanze gegen Unheil oder Krankheit.
Bevor der Weihnachtsbaum sich verbreitete, schmückten Mistelzweige die Häuser und brachten grüne Lebendigkeit in die dunkle Jahreszeit. Der Weihnachtskuss unter dem Mistelzweig verspricht Liebe und Schutz. Der Brauch vom Kuss unter dem Mistelzweig taucht erstmals im England des 18. Jahrhunderts auf.
Frisch und lebendig, bringt der Mistelzweig Licht, markiert Übergänge zwischen Ende und Neubeginn und wirkt als klarer Ton zwischen den hohen, transzendenten Noten des Weihrauchs und den schweren, erdigen Noten der Myrrhe.
Geschichtliches und Kunsthistorisches
Die Mistel wurde in der keltischen Kultur auf Eichen als heilige Pflanze angesehen, ein Symbol für die Verbindung zwischen Himmel und Erde, Leben und Tod. In der europäischen Volkskunst taucht sie in Wandmalereien, Gobelins oder Winterdekorationen auf, als Zeichen für Fruchtbarkeit und Hoffnung. In Skandinavien galt die Mistel als Schutz gegen Blitz und böse Geister.
Botanische Details
Die Mistel (Viscum album) wächst als Halbschmarotzer auf Laub- und Obstbäumen und bleibt wintergrün mit weißen Beeren.

Ihre grünen Zweige werden traditionell zu Dekoration, Ritualen oder Heilzwecken verwendet.
Der Duft der Zweige ist subtil holzig-aromatisch, doch die Blätter, Stängel und Beeren enthalten Viscotoxine (giftig bei Verzehr!). Die Beeren sind süßlich und schleimig und locken Vögel zur Samenverbreitung.
Winter – Weite und Einkehr, Rituale, Düfte und Bräuche
Weihrauch, Myrrhe und Mistel, zwei Düfte, ein Zweig. Alle drei verweben Sinnlichkeit, Symbolik und Natur miteinander. Ihr Duft macht die Winterzeit für mich spürbar, gibt ihr Tiefe, Weite und Licht.
Alte Sagen, religiöse Rituale, Kunst und Handwerk: Wer den Duft von Rauch und Ölen oder die Farbe der Zweige achtsam wahrnimmt, erlebt nicht nur die Aromen und Farben, sondern auch die Geschichten, die sie über Jahrhunderte tragen, und vielleicht auch eine Verbundenheit zur Erde und zum Menschsein. Traditionell diente das Räuchern von Harzen im Winter auch dem Schutz vor Krankheiten. All diese Aspekte verdichten sich zu einer inneren Komposition, zu einem Dreiklang des Winters.
Ein Dreiklang des Winters – Weihrauch, Myrrhe und Mistel
Weihrauch, Myrrhe und Mistelzweig sind nicht zufällig winterliche Begleiter. Alle drei stehen für einen Aspekt, der in der dunklen Zeit Bedeutung gewinnt:
Weihrauch für die Suche nach Weite und Sinn.
Myrrhe für Tiefe, Bewahrung und das Anerkennen dessen, was schwer ist.
Mistel für Hoffnung, Zwischenräume und das Licht.
Gemeinsam bilden sie eine Art inneren Dreiklang. Kleine Begleiter, die uns durch die stille Zeit tragen: ein Duft, der Weite bringen soll; ein Harz, das bewahrt; ein Zweig, der Zuversicht schenkt.
Manchmal braucht es im Advent kaum mehr als das, um sich daran zu erinnern, dass auch im dunkelsten Abschnitt des Jahres etwas weiterleuchtet. Der Winter ist nicht nur eine Jahreszeit, sondern ein Erlebnis für Sinne, Geist und Seele: eine Einladung, in sich zu gehen und sich zu verankern.
Collagen-Impuls – Den winterlichen Dreiklang gestalten, kreative Ideen für Advent und Winter
Zum Abschluss noch ein kleiner Impuls für eine leichte kreative Arbeit mit Papier und Schere: Rauch, Harz und Grün finden als Collage ihren Weg aufs Papier. Ihre Töne und Formen lassen sich sichtbar machen, miteinander verbinden und neu interpretieren.

Rauchige Schleier, erdige Flächen und lebendige grüne Akzente werden zu Linien, Flächen und Spuren, die Weite, Tiefe und Licht ausdrücken.
Auf diese Weise entsteht eine eigene Collage des winterlichen Dreiklangs, in der Duft, Farbe und Symbolik zusammenfinden.
Die Papiere können eine grobe Struktur oder raue Oberflächen haben, vielleicht nutzt du auch kleine Rindenstücke, Asche oder Holzspäne.
Jede der drei Pflanzen trägt einen eigenen Charakter, der im Winter besonders hervorsticht:

Weihrauch – helles Grau, Nebeltöne, weißgraue Schleier. Rauch wird Linie, zart und fließend, graue Schwaden, rauchige Töne, Suche nach Weite, Sinn und Transzendenz.

Myrrhe – tiefes Erdbraun, Fläche, Verdichtung, stabil und warm. Ausdruck von Tiefe, Bewahrung und das Anerkennen dessen, was schwer ist. Rückzug, Verbindung.

Mistelzweig – sattes Grün mit weißen Beeren, lebendig und frisch. Grün wird Akzent, ein Lichtpunkt zwischen Rauch und Harz, für Hoffnung und Zuversicht.
So kannst du beginnen:
Nimm verschiedenfarbiges Papier, auch Pappe, Packpapier, Kreppband, Farben, Stifte oder bereits vorhandene Collagematerialien.
Lass dich von Düften, Farben und Symbolik jeder Pflanze leiten.
Male, lege Schichten, kombiniere Linien, Flächen und Akzente.
Beobachte, wie Weite, Tiefe und Licht zusammenkommen und deine eigene Winteratmosphäre entsteht.
Du könntest einzelne Collagen fertigen oder eine Kombination.
Hier einige Beispiele zur Inspiration:
Beispiele von Collagen zu Weihrauch, Myrrhe, Mistelzweig
Die Collagen können auch nur Spuren, Verdichtungen und Überlagerungen zeigen, ganz einfach und reduziert sein. Was auch immer sich zeigt, so wird aus Duft, Farbe und Symbolik eine kleine bildnerische Erfahrung des Advents, die Sinne, Geist und Seele berühren kann.
Besonders atmosphärisch kannst du es auch dadurch gestalten, dass du tatsächlich Weihrauch und Myrrhe als Harz verräucherst oder als Öl nutzt. Vielleicht findest du vor Weihnachten sogar einen Mistelzweig in einer Gärtnerei oder auf dem Markt.
Weihrauch, Myrrhe und Mistel: kleine Zeichen, die den Winter begleiten und ihn um so viele Eindrücke bereichern können. Ich wünsche dir viel Spaß beim Entdecken.

Ich freue mich sehr auf deinen Gedanken und Austausch in den Kommentaren.
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Ich habe deinen Artikel mit großem Interesse gelesen. Erstens weil es mich selbst interessiert und zweitens weil ich gestern nach einem neuen Ritual gesucht habe, dass wir in unserer Familie verfestigen wollen. Meine Schwester hat am 21 Dezember immer mit uns Kerzen gezogen. Wir wissen noch nicht ob wir das beibehalten können, oder ob wir etwas Neues schaffen, was wir um die Wintersonnenwende herum gemeinsam erleben können. Vielleicht ist so eine Collage eine Möglichkeit. Danke schön