Sterne, die wir greifen können: Tradition, Bastelkunst und Moderne
- Susanne Heinen

- vor 22 Stunden
- 6 Min. Lesezeit

Sterne, die wir greifen können – was für eine schöne Vorstellung. Dieser Artikel, Nummer 6 meines Blog-Adventskalenders 2025, widmet sich den Sternen, nicht nur als leuchtenden Punkten am Himmel, sondern auch als gestaltbaren Objekten zwischen Tradition, Handwerk und Kunst.
Schon im ersten Teil dieser Artikelreihe „Zeichen des Lichts: Sterne als Symbole von Hoffnung und Gemeinschaft“ habe ich erzählt, wie sehr mich Sterne als Motive faszinieren. Hier geht es nun um die Sterne, die geflochten, gefaltet, gebaut oder gestaltet werden und dabei Licht, Form und Raum auf besondere Weise erfahrbar machen.
Vom einfachen Bastelstern bis zum sorgfältig konstruierten Kunstwerk spannt sich ein Bogen, der zeigt, wie vielfältig und lebendig das Sternmotiv bis heute gestaltet wird. Ich wünsche dir viel Spaß beim Entdecken dieser völlig unterschiedlichen Interpretationen von Sternen.

Das ist das Türchen 6 von meinem Blog-Adventskalender 2025. In diesem Artikel geht es um Sterne zwischen Kunsthandwerk, Gestaltung und Kunst.
Damit du schnell zu den Punkten springen kannst, die dich besonders interessieren, findest du hier das Inhaltsverzeichnis:
Strohsterne – alte Handwerkskunst
Die symbolische Kraft der Sterne inspirierte die Menschen schon früh, sie nicht nur am Himmel zu bewundern, sondern sie auch mit den Händen greifbar zu machen.
Vielleicht wollten sie „die Sterne vom Himmel holen“, ein sinnbildlicher Ausdruck, der unerreichbar scheint. Aus einfachen Materialien entstanden so kleine Kunstwerke als Weihnachtssterne, die Licht und Hoffnung in die eigenen vier Wände brachten.

Die ältesten Beispiele dazu sind die Strohsterne. Geflochten aus Halmen schmückten sie Häuser, Kirchen und Krippen. Die Herstellung erforderte Geduld und Fingerspitzengefühl.
Wer sich genauer mit den Strohsternen beschäftigt, erkennt schnell, wie viel Geschick und Wissen hinter diesem alten Handwerk steckt. Wusstest du, dass man zum Teilen der Halme einen sogenannten Halmspreizer benötigt?
Jeder Strohstern ist ein kleines Meisterwerk dieses traditionellen Kunsthandwerks und mehr als reine Dekoration, denn er galt früher als Schutzzeichen und Glücksbringer in der dunklen Jahreszeit.
Ein Beispiel dafür, wie lebendig diese Tradition bleiben kann, ist Anna Hoppler-Keusch, eine Schweizerin aus dem Freiamt im Kanton Aargau. Sie wurde unter dem Namen „Stroh‑Anni“ bekannt. Bereits in den 1950er‑Jahren begann sie, Strohsterne zu flechten. Zunächst aus wirtschaftlicher Not, um ihre Familie zu unterstützen, später als künstlerisches Handwerk. Ihre kunstvollen Sterne wurden über Jahrzehnte ausgestellt und verkauft. Auch nach ihrem Tod 2019 im Alter von 92 Jahren bleiben sie Zeugen einer lebendigen Handwerkstradition.
Wer mehr über ihr Leben und Werk erfahren möchte, findet einen Fernsehbeitrag aus dem Jahr 2014 hier: SRF – Stroh‑Annis Sternenkunst*. Damals war „Stroh‑Anni“ bereits 86 Jahre alt.
Zudem gibt es ein Buch über Anna Hoppler-Keusch mit dem schönen Titel „Stroh-Anni – Porträt einer Freiämterin, die mit Stroh nach den Sternen griff“* von Eddy Schambron. Es ist aktuell leider nur schwer verfügbar, bietet aber einen wertvollen Einblick in ihr Leben und die Tradition der Strohsterne.
Viele der kunstvollen Strohtechniken geraten zunehmend in Vergessenheit, und ihre bewusste Bewahrung als Kunsthandwerk erscheint mir besonders wichtig. Das Strohmuseum in Wohlen in der Schweiz* widmet sich genau dieser Aufgabe und zeigt eine beeindruckende Vielfalt kunsthandwerklicher Stroharbeiten. Es gibt zudem wechselnde Ausstellungen und Workshops.

Fröbelsterne – Falten, Formen, Achtsamkeit
Mit der Einführung von Papier und später spezieller Basteltechniken entstanden die klassischen Papiersterne für Kinder und Kindergärten.

Besonders die Fröbelsterne, benannt nach dem Pädagogen Friedrich Fröbel, verbinden Bastelkunst mit einem feinen Gespür für Form und Reihenfolge.
Beim Falten und Flechten üben Kinder Achtsamkeit, entdecken Formen und lernen, kleine Strukturen bewusst zu ordnen.
Ich muss gestehen, dass ich schon bei der Anleitung zum Falten des Fröbelsterns gescheitert bin. Hast du es schon einmal probiert?
Dankeschön an Solveig Häfner, dass sie mir mit einem ihrer gebastelten Fröbelsterne ein Bild zur Verfügung stellen konnte. Mit viel Geduld werde ich es auf jeden Fall noch einmal probieren :-).

Herrnhuter Sterne – Licht und Polyeder
Später kamen die Herrnhuter Sterne* hinzu, kunstvolle Lichtersterne, die in der Advents- und Weihnachtszeit Häuser und auch Kirchen erhellen.

Der Herrnhuter Stern entstand Anfang des 19. Jahrhunderts in der Brüdergemeine Herrnhut in Sachsen.
Ursprünglich wurden die Sterne aus Papier und Pappe als Schulprojekt gebaut, um Geometrie und räumliches Denken zu vermitteln.
Die klassischen Herrnhuter Sterne bestehen aus 25 Zacken – 17 quadratischen und 8 dreieckigen –, die zusammen ein harmonisches Polyeder bilden.
Anfang des 20. Jahrhunderts erfand Pieter Hendrik Verbeek (1863–1935) einen stabilen Metallrahmen, der die Produktion und den Versand erleichterte. Die Manufaktur wurde 1925 gegründet und produziert seitdem handgefertigte Sterne, die weltweit verbreitet sind.
Diese eindrucksvolle Geometrie und die Formensprache der Herrnhuter Sterne* lebt in der zeitgenössischen Kunst auf vielfältige Weise weiter.
Sterne in der modernen Kunst: Künstler der Gegenwart
Die Faszination für Sterne reicht weit über die Basteltradition hinaus. Im 20. und 21. Jahrhundert haben Künstler:innen und Designer:innen das Sternmotiv immer wieder neu interpretiert, als abstrakte Form, als grafisches Spiel mit Licht und Raum oder sogar als immersive Installation. Sterne werden zu Formen, die Licht, Raum und Perspektive verschieben, die Bewegung einfangen oder den Blick ins Unendliche öffnen.
Zwei beeindruckende Beispiele sind:

M. C. Escher (1898–1972):
M. C. Escher war ein niederländischer Künstler und Grafiker, berühmt für seine technisch perfekten Grafiken, die perspektivische Unmöglichkeiten, optische Täuschungen und komplexe mathematische Strukturen zeigen.
Besonders seine Stern‑ und Polyeder‑Motive verdeutlichen, wie präzise Geometrie den Raum verzerren und die Wahrnehmung herausfordern kann.
Bildquelle: wikipedia
Lizenz: gemeinfrei
Charles Ross (*1937):
Charles Ross ist ein US-amerikanischer Land-Art-Künstler und Bildhauer, der für seine monumentalen Erdskulpturen und Installationen bekannt ist. Seine Land-Art- und Rauminstallationen machen Sternbewegungen und die Ausrichtung der Erde im Raum erfahrbar.

In seinem Projekt Star Axis öffnet sich ein Treppenweg, der genau parallel zur Erdachse verläuft und zum Eingang des Sternentunnels führt.
Errichtet aus Erde, Sandstein, Granit, Beton, Bronze und Edelstahl, erstreckt sich das Werk über elf Stockwerke und etwa 160 Meter.
Die Installation befindet sich in der Wüste von New Mexico, auf der Mesa „Chupinas“ in San Miguel County. Seit 1971 in Arbeit, macht diese Land-Art-Installation die Bewegung der Sterne und ihre Beziehung zur Erde erfahrbar.
Weitere Bilder und Informationen findest du hier auf der Homepage zum Star-Axis-Projekt.
Bildquelle: wikipedia
Lizenz: gemeinfrei
Schlussgedanke: Licht schenken – mit einem Stern
Sterne lassen sich über Jahrhunderte hinweg nicht nur am Himmel bewundern, sondern auch materiell greifen, gestalten und erleben. Sie führen vom Himmelszeichen zur Bastelkunst, von der Volkskunst zur modernen Kunst, vom Symbol zur sinnlichen Erfahrung, vom Lichtpunkt am Himmel zum strahlenden Objekt im Raum.
Und genau diese Kraft der Sterne, zu leuchten, zu berühren, Freude zu schenken, lebt weiter in jeder kleinen Geste, in jedem selbst gemachten oder gedachten Stern.
Ein Stern als Geschenk sagt schlicht: Ich denke an dich. Ein kleiner ausgedruckter oder gefalteter Stern kann genügen. Vielleicht liegt genau darin seine Kraft: Ein einfacher Stern, ob am Himmel oder in der Hand, schenkt Zuversicht und Freude, gerade weil er so unscheinbar ist. Wir verleihen ihm Bedeutung, und er gibt sie uns zurück.

In meinem Blogbeitrag „Dein Adventszauber: Dankbarkeit empfinden, Glück teilen, Perfektion vergessen“ zum Türchen 2 im Adventskalender 2023 findest du „Die kleine Sternenbotschaft zum Ausdrucken“. Schau doch mal vorbei und drucke dir die Vorlage aus.
Wem schenkst du heute einen Stern?
„Ein Menschenherz ist ein vom Himmel
Herabgesunk'ner lichter Stern,
Drum fühlt das Herz ein tiefes Sehnen
Nach einer Heimat, die ihm fern.“
Emil Rittershaus (1834–1897)

Ich wünsche dir viel Freude mit diesem kleinen Impuls. Wenn dir dieses Türchen gefallen hat, freue ich mich sehr auf deinen Gedanken und Austausch in den Kommentaren.
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