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Was ist Messpainting?



Auf das Messpainting bin ich erst vor einigen Wochen während eines Fachmoduls an der Akademie Faber Castell gestoßen. Messpainting... das Wort hört sich nach Chaos und wilder Farbschmiererei an und genau so ist es auch :-).

Beim Messpainting (von no-thought-mess­p­ain­ting / ohne-Gedanken-durcheinander-malen) handelt es sich um eine kunsttherapeutische Methode und Kreativitätstechnik. Sie verfolgt den Ansatz, Spannungsfelder abzubauen, indem man völlig frei künstlerisch arbeitet. Ziel ist es, mutig und frei mit Farbe zu gestalten und ohne Bewertung zahlreiche Bilder in kurzer Zeit entstehen zu lassen. Es geht bei dieser Übung wirklich um "Kopf aus" und "einfach machen". Was es mit dieser Methode auf sich hat und wie auch du sie nutzen kannst, darum geht es in diesem Artikel:




Geschichte des Messpaintings in der Kunsttherapie


Der Ursprung des Messpaintings liegt nun bereits um die 50 Jahre zurück in den 1970er Jahren. Die Malmethode wurde durch Wolfgang Luthe (1922-1985) entwickelt, einem deutschen Arzt und Psychotherapeuten. Sein Name taucht auch im Zusammenhang mit dem autogenem Training auf, da sein Ansatz als eine Methode in der "Oberstufe des autogenen Trainings" Anwendung fand. In den 1970er Jahren hat er die Methode in seinem Buch "Creativity Mobilization Technique" als CMT (Creativity Mobilisation Techni­que) erstmalig vorgestellt.


Die Methode wurde dann von Prof. Dr. Gertraud Schottenloher (Gründung und Leitung des Instituts für Kunst und Therapie München (IKT)) als Messpainting in Deutschland als gestaltungstherapeutische Methode etabliert. Eine genaue Zeitangabe konnte ich dazu in meiner Recherche nicht finden, schätze aber grob die 1980er Jahre. Nähere Informationen findest du in ihrem Buch "Wenn Worte fehlen, sprechen Bilder".



Ansatz und Wirkweise der Methode


Hintergrund dieser Technik ist die Annahme, dass unsere beiden Gehirnhälften oftmals nicht im Einklang sind. Die linke Gehirnhälfte soll für das Logische, das Analytische stehen, die rechte Gehirnhälfte eher für das Musische, das Kreative.


Das Messpainting nützt durch die schnelle Abfolge im Malen der Bilder, dass die linke Gehirnhälfte nicht als Kritiker und Bewerter in Erscheinung treten kann. Durch das losgelöste Tun tritt eher die rechte Gehirnhälfte in den Vordergrund und lässt den Emotionen und der Kreativität den Vortritt.


Wichtig bei dieser Methode ist das kurze Zeitfenster, in dem ein Bild gemalt wird. Man hat 2 Minuten Zeit, was eine wirkliche Auseinandersetzung oder Überlegungen zur Bildgestaltung fast unmöglich macht. Somit gerät man in einen Prozess des spontanen Malens und das Gehirn in einen Wechselprozess von Progression (Steigerung) und Regres­sion (Rückgang).


Der Ansatz ist hierbei, sich durch die schnelle und ohne Überlegung erfolgte Malerei zu entspannen, ruhiger zu werden und dabei auch in Resonanz zu gehen mit den Emotionen, die aus der Tiefe aufsteigen. Das Nachdenken tritt durch die Schnelligkeit komplett in den Hintergrund, da man so beschäftigt ist, das Blatt zu füllen, bevor die 2 Minuten um sind. Bei dem Gefühl, das sich während einer Messpainting-Sitzung einstellt, handelt es sich also um eine passive Konzentration.


Ziel der Methode ist die Entspannung, die Loslösung von Bewertung und auch in einen kreativen Flow zu kommen. Der Prozess läuft ohne eine Themenvorgabe oder feste Aufgabe völlig spontan ab.



Prozess des Messpaintings


Wie der Prozess genau gestaltet wird, liegt auch daran, in welchem Rahmen das Messpainting genutzt wird. Es gilt also die Grundintension zu berücksichtigen. Das heißt, wer nimmt teil, wer leitet an, gibt es einen therapeutischen Kontext oder eher einen kreativen Hintergrund? Das alles gilt es im Vorfeld zu klären, damit sich jede/r Teilnehmer/in gesehen und aufgehoben fühlt.


Ich arbeite in meiner Ausrichtung als Counselorin für Kunst- und Gestaltungstherapie beratend und nicht therapeutisch. Das bedeutet, dass ich in meinem Bereich diese Methode als Einstieg nutze, um leicht und unverkrampft in die kreative Arbeit zu kommen. Gedanken und Gefühle werden im Nachgang reflektiert und es findet zum Abschluss der Übung auch ein Austausch statt. Eine Bewertung oder Interpretation der Bilder erfolgt jedoch nicht und ist auch nicht Intention dieser Technik.



Vorbereitung und Ablauf des Malprozesses


Um zu starten, benötigt man etwas Platz und die Möglichkeit mit Farbe frei zu hantieren, der Rest ergibt sich quasi von selbst. Das Messpainting erhebt keinen Anspruch auf hochwertige Werke. In schneller Abfolge wird quasi ein Stapel Papier produziert, der oftmals im Nachgang weggeworfen wird. Deswegen nutzt man dafür auch einfache Papiere, am besten altes Zeitungspapier und kostengünstige Flüssigfarbe und eventuell Kleister.


Auch der Arbeitsplatz sollte dafür geeignet sein, dass auch etwas daneben gehen kann. Sowohl der Boden, als auch der Bereich um das Malfeld sollten abgedeckt sein und du selbst entweder einen Malkittel oder zumindest nicht deine besten Sachen tragen. Im Wort Messpainting steckt ja schließlich "mess"(Durcheinander, Chaos), es geht also impulsiv zu und die Farbe fliegt und spritzt nur so auf das Papier :-).


Hier ein kleiner Plan, wie du den Arbeitsplatz vorbereitest:


Der vorbereitete Malplatz, noch ordentlich :-).
  • Abdecken des Tisches/Bodens und eventuell ein Malbrett auflegen bzw. das Blatt an die Wand heften.

  • Gröbere Pinsel, gerne aus dem Malerbedarf, auch Spachtel und Schwämme bereitlegen.

  • Kleister anrühren, falls gewünscht

  • Vorbereiten der Flüssigfarben auf einer Fliese oder einem Teller. Es sollte genügend Farbe vorhanden sind, um mehrere oder alle Bilder damit malen zu können. Falls die Farbe nicht ausreicht, muss man im Prozess einfach Farben auffüllen.

  • Zuschneiden von 10 -14 Zeitungspapieren bzw. einem anderen Papier mindestens im Format DIN A3. Bei Zeitungspapier wäre das ungefähr eine halbe Seite einer Doppelseite.

  • Gearbeitet wird am besten im Stehen, eher grob und wenig filigran.


Wenn alles vorbereitet ist, geht es los. Nun werden im Zwei-Minuten-Takt die Blätter zu mindestens 70 -90 % mit Farbe befüllt. Von der Anzahl her sind 10 - 14 Blätter vorgegeben. Es ist also von einer Arbeitszeit von bis zu 45 Minuten auszugehen. Nach jeweils 2 Minuten wird das fertige Blatt einfach beiseite gelegt und direkt mit dem nächsten Bild begonnen. Der Wechsel des Blattes und das Auffüllen von Farben wird mit einer Minute veranschlagt.


Wie schon gesagt, es gibt keine Themenvorgabe, es ist ein spontaner Prozess. Vielleicht tauchen während des Arbeitens Gedanken und Bilder auf, die sich in Farbe und Formen manifestieren. Das Unterbewusstsein sendet vielleicht Unbewusstes an die Oberfläche, doch wie im Traum kann man diesen Gedanken nicht festhalten. Dennoch folgt man in seiner Spontanität einer Intuition und verleiht dieser als Momentaufnahme Ausdruck.


Hier ein kleiner Einblick in den Malprozess:


Näheres zu dieser Methode findest du im Buch von Christine Leutkart „Kunsttherapie aus der Praxis für die Praxis“. Das Messpainting wird dort als „2 Minuten Bilder“ vorgestellt.



Ziel des Messpaintings

Messpainting... Ist das Kunst oder kann das weg :-)?

Doch was ist das Ziel, wenn man am Ende einen großen Haufen bunter Blätter hat, der eigentlich willkürlich und ohne Aussage ist? Von dem man meint, dass man alles direkt wegwerfen könnte?


Die Loslösung von Bewertung, von dem Wollen großartige Bilder zu malen, genau das schafft diese Methode. Wenn du noch nie oder selten mit Farbe gearbeitet, Scheu und Hemmungen vor einem leeren Blatt hast, ist das die richtige Methode, um einfach anzufangen.


Wie befreiend ist es, wie ein Kind mit Spaß und ohne Vorsatz spielerisch zu beginnen. Spannungen, ob körperlich, geistig oder seelisch, können wohltuend gelöst werden.



Die Mobilisierung deiner kreativen Kraft, das Spiel mit Farbe, ohne Hemmungen und ohne Bewertung einfach anzufangen, das ist das große Ziel des Messpaintings.

Am meisten Wirkkraft entfaltet das Messpainting in einer Gruppenarbeit unter zeitlicher Anleitung. Der gemeinsame Kreativprozess motiviert ungemein und der Spaß und die Freude darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Am Ende können alle Bilder im Rahmen einer kleinen Ausstellung präsentiert werden und jede/r darf erzählen, wie er dieses schnelle Malen empfunden hat, was man sich mitnimmt.


Vielleicht finden auch Teile dieser Bilder noch ihre Verwendung im Art Journal oder einer Collage. Wirklicher Abfall entsteht für kreative Wiederverwerter ja nie, denn jeder Schnipsel kann wichtig sein :-).



Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.

Paul Klee (1879 - 1940)



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